Was ich über Tai Chi Chuan weiß

 

von Jiang Changfeng

Heft 9 der Jianquan Taijiquan Association, 30.11.1983

 

Wie allgemein bekannt ist, sagt man:

 

"Leben ist Bewegung - die Quelle der Gesundheit ist die Übung."

 

Das Problem ist, eine Sportart für sich auszuwählen. Dabei sollte man zuerst darauf achten, welchen Nutzen sie für die Gesundheit von Körper und Geist bietet. Sie sollte sein, wie ein guter Freund. Man weiß etwas von ihren Besonderheiten und vertraut ihr. Dadurch entwickeln sich Interesse und Zuneigung. Ich selber liebe das Taijiquan und habe großen Nutzen aus ihm gezogen. Dieses Jahr bin ich 89 Jahre alt geworden. Mein Kopf ist mit silbernem Haar bedeckt, aber dennoch ist meine Gesichtsfarbe ausgezeichnet, meine Schritte sind noch fest und sicher, meine Taille ist nicht krumm, mein Rücken ist nicht buckelig und ich bin nicht altersschwach. Ich denke daher, ich kann als ein gutes Beispiel dienen und möchte nun flüchtig erläutern, was ich über Taijiquan weiß.

 

1) Taijiquan hat seit alters her eine reiche Kampfkunsttheorie. Sie bezieht die klassische Philosophie, Aussagen aus der chinesischen Medizin, aus Sunzis Kunst des Krieges, zur Physiologie, zur Physik usw. ein und betont: "Das Herz/Bewusstsein (xin) ist ruhig und die Vorstellungskraft (yi) benutzen", "Man ist ausgerichtet und der Körper ist entspannt." usw. Außen und Innen wird in den Bewegungen des Körpers vereinigt. Das ist ein Merkmal des Taijiquan.

 

2) Taijiquan ist eine alte Technik Chinas zur Gesunderhaltung. Es fasst die Essenz traditioneller Kampfkünste zusammen. Im Verlauf der Taiji-Übung werden die Bewegungen bewusst geführt, mit dem wichtigen Prinzip der Taille als Achsenmitte der Bewegungen. Man macht Drehungen in Bögen und Kreisen und strebt nach: "In der Ruhe findet man Bewegung und in der Bewegung Ruhe."sowie "Im Runden findet man das Gerade und im Geraden das Runde." Das ist die jin-Kraft bewegen, wie wenn man Seide zieht. Ununterbrochene sanfte Bewegungen. Besonders das Wu Taijiquan wird vom weichen Umwandeln bestimmt. Dies alles ist das zweite Merkmal.

 

3) Taijiquan ist eine innere Kampfkunst. Es betont die Verbindung von außen und innen, sowie dass sich hart und weich gegenseitig unterstützen. Weiterhin sind seine Bewegungen langsam, entspannt und weich, entsprechend den natürlichen Gesetzen der Physiologie. So wird sowohl das Nervensystem trainiert, die Muskulatur und die Knochen gestärkt und die Gelenke bleiben beweglich. Weiterhin kann man die Atmung frei regulieren und die Funktion der inneren Organe verbessern. Die körperliche Kraft erschöpft sich nicht und es zeigen sich viele positive Effekte. Ein jeder kann es üben und man kann es überall machen. Es passt nicht nur für junge Leute, sondern ist auch für ältere geeignet. Dies ist das dritte Merkmal des Taijiquan.

 

4) Taijiquan hat außerdem noch eine weitere Besonderheit. Es hat sowohl Tiefe als auch Weite und man zeigt auch Interesse an der inneren Natur (xing). Es ist eine Lehre ohne Ende - eine Art Kunst. Wenn man die Form übt, hat man schon die Wirkung einer relativ umfassenden Gesundheitspflege. Wenn man dann fortgeschritten ist, kann man Grundlage (ti) und Anwendung (yong) miteinander verknüpfen und das Pushhands erlernen.

 

So kann man seine Kenntnisse der Kampfkunst vertiefen und seine Fähigkeiten in der Selbstverteidigung verbessern. Bei starkem Interesse kann man nun das bewusste Spüren und ein gutes Gleichgewicht trainieren. Daneben ist es auch spannend und fesselnd, Formen mit Trainingsgeräten wie z.B. Säbel, Lanze und Schwert zu erlernen. Auf diese Weise wird man eine lange Zeit trainieren und man kann aus der eigenen Erfahrung lernen. Taijiquan kann wirklich Willensstärke heranbilden und die charakterliche Entwicklung positiv beeinflussen.

 

 

Das oben Gesagte ist nur das wenige, was ich über Taijiquan weiß. Weil seine Theorie relativ tief ist, muss man sie sehr intensiv studieren. Auch die Bewegungen sind kompliziert. Deshalb bin ich der Meinung, dass der Prozess des Erlernens eine lange Praxis braucht und in dessen Verlauf die Praxis mit der Theorie verschmolzen werden muss. Nur auf diese Weise kann man es Schritt für Schritt untersuchen und vertiefen und es Tag für Tag stärker hervortreten lassen. Man braucht Beharrlichekeit und eine feste Überzeugung. Man schließt sich mit ihm untrennbar zusammen, vertraut auf die eigene Kraft und investiert so ununterbrochen in den eigenen Körper. So ist es nicht schwer, ein langes Leben zu erhalten.